Eine Zeitreise durch 20 Jahre Tafel und Second Hand
„Nachhaltig seit 2004 – für eine Welt von morgen“, so lautete das Motto des diesjährigen Neujahrsempfangs des Deutschen Roten Kreuzes Kreisverband Mannheim in der Schlosskirche Mannheim. Am Donnerstagabend, den 18. Januar folgten knapp 200 Gäste der Einladung zum bereits zehnten Neujahrsempfang des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Kreisverband Mannheim. Diesen führte der Kreisverband wieder im schmuckvollen Ambiente der Schlosskirche Mannheim durch, in der sich im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 ein Depot des Roten Kreuzes befand.
Unter dem Motto „Nachhaltig seit 2004 – für eine Welt von morgen“ begrüßte Tobias Locher, Präsident des DRK-Kreisverbandes, die Rotkreuzfamilie, Gäste aus Kultur und Politik, Kooperationspartner, Unterstützer sowie Freunde von anderen Verbänden und Organisationen.
In seiner Ansprache reflektierte Locher zunächst das vergangene Jahr: „Wir haben unter anderem die Großveranstaltung Glücksgefühle am Hockenheimring sanitätsdienstlich betreut, die Stiftung Gemeinschaft der Stifter für den Deutschen Roten Kreuz Kreisverband Mannheim gegründet, unsere Mannheimer Akademie für soziale Berufe saniert und erweitert und die DRK-Quartiere in Hockenheim und Weinheim eröffnet.“ Anhand der Quartiere schlug er dann auch gleich den Bogen zum eigentlichen Thema des Abends: „20 Jahre Tafel und Second Hand“. Locher bedankte sich bei den vielen Ehrenamtlichen und bei den Anwesenden: „Es freut mich, dass dieses Thema heute mit Ihnen gemeinsam die Wertschätzung erhält, die es verdient.“
„Mit den Tafeln und den Second Hand Läden leisten sie Herausragendes und unterstützend Menschen mit geringem Einkommen ganz besonders“, brachte Mannheims Erste Bürgermeisterin Prof. Dr. Diane Pretzell anschließend die Wichtigkeit dieser Arbeit auf den Punkt. „Man kann durchaus sagen, dass Sie mit diesem Angebot dazu beigetragen haben, dass Mannheim als erste deutsche Stadt der europäischen Union mit dem Mission Label (Qualitätssiegel der EU-Mission) ausgezeichnet wurde.“ Da Pretzell die Schirmherrschaft für „20 Jahre Tafel & Second Hand im DRK-Kreisverband Mannheim“ übernommen hat, wird sie das Roten Kreuz im Laufe des Jahres noch bei weiteren Aktionen und Veranstaltungen begleiten.
Zeitreise
Nach den Grußworten betrat DRK-Kreisgeschäftsführerin Christiane Springer das liebevoll gestaltete Bühnenbild und nahm auf einem Sessel nebst Stehlampe Platz. Dann schlug sie ein Buch auf und nahm die Gäste mit auf eine Zeitreise, die sie anhand von Fotos auf einer großen Leinwand untermalte.
Alles begann im Jahr 2004 als das DRK am 4. Juni um 15:00 Uhr die erste Mannheimer Tafel und den ersten Second Hand Shop in einem Laden in der Mittelstraße in der Mannheimer Neckarstadt eröffnete. Schnell wurde klar, dass der Platzbedarf nicht ausreichte und so entstand der Tafel Laden in der Alphornstraße. Bis heute ist die Tafel Neckarstadt der größte Laden des Kreisverbandes Mannheim.
„Täglich besuchen uns dort rund 150 Kunden, die 2023 insgesamt 28.560 Einkäufe tätigten“, nannte Springer ein paar Zahlen und freute sich besonders darüber, dass das Stammpersonal von damals auch heute noch tätig ist.
Dann nahm die Entwicklung einen rasanten Verlauf. Schon 2005 eröffnete man im Stadtteil Schönau die zweite Tafel inklusive Second Hand Laden. Am 1. März 2024 wird dieser Laden jedoch in modernere Räumlichkeiten in den Stadtteil Waldhof in die Roggenstraße umziehen.
2007 eröffnete die Tafel in Rheinau. Hier wurden laut Springer im vergangenen Jahr rund 13.149 Einkäufe getätigt. Die Arbeit wird auch hier von Ehren- und Hauptamtlichen getragen, welche von Menschen mit einem Ein-Euro-Job unterstützt werden.
Im Jahr 2008 eröffnete man den ersten Tafel Laden im Rhein-Neckar-Kreis, in Hockenheim. Mittlerweile hat dieser Laden sein Zuhause im neu gestalteten DRK-Quartier Auchtergrund gefunden. Ein Jahr später folgte der Tafel Laden in Edingen-Neckarhausen. Sowohl in Hockenheim, als auch in Edingen arbeiten die Tafeln eng mit dem Integrationsmanagement vor Ort zusammen.
Vor dem Hintergrund der großen Flüchtlingswelle nahm man im Jahr 2014 die erste mobile Tafel in Betrieb, die auch den Menschen in der Bedarfsorientierten Erstaufnahmestelle in Benjamin Franklin zu Gute kam.
Immer weiter an die Gegenwart kommend, schlug Springer das nächste Kapitel auf und nahm die Anwesenden weiter mit auf die Zeitreise der Second Hand Läden. „Auch in Corona Zeiten haben wir unter den hygienischen Vorschriften weitergearbeitet und zudem unsere Läden renoviert“, so Springer und bedankte sich gleichzeitig beim Vermieter. „An dieser Stelle möchte ich sehr gerne erwähnen, dass in der Neckarstadt ein Vermieter für uns da ist, der uns seit 20 Jahren begleitet und die Miete in dieser Zeit kaum angehoben hat, weil er die Idee des Second Hands prima findet und für die Menschen in der Neckarstadt als Notwendigkeit erachtet, dafür vielen Dank.“
2004 wurde auch gleich der zweite Second Hand Laden eröffnet. „War der Grundgedanke in Mannheim noch die Unterstützung für Menschen mit dem kleinen Geldbeutel, liegt der Schwerpunkt in Weinheim eher auf den Menschen, die Lust haben auf Schnäppchenjagd zu gehen oder aber sich auch sehr bewusst dafür entscheiden, nachhaltig zu agieren und so der Kleidung ein zweites Leben zu geben“, sagte Springer. Auch in Weinheim wird der Laden von ganz vielen Ehrenamtlichen, die sich bereits seit 20 Jahren engagieren, getragen.
In 2014 hat das Rote Kreuz, auch vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise, einen Second Hand Laden in Schriesheim eröffnet. Nach fünf erfolgreichen Jahren hat man allerdings die Kündigung seitens des Vermieters erhalten und konnte keine passenden neuen Räumlichkeiten finden. Doch Springer verriet: „Aber heute ist ja nicht aller Tage. Wir kommen wieder, vielleicht schon bald.“
Im Jahr 2016 eröffnete man in Hockenheim, zunächst in der Karlsruher Straße, einen weiteren Kleiderladen mit den Angeboten des Integrationsmanagements.
Mit einem leicht veränderten Konzept zog der Laden im 2022 in die Hauptstraße um.
2020 entstand in Weinheim die erste Kleiderstube. Hier schaffte man ein niederschwelliges Angebot, das zuvor bei anderen Wohlfahrtsverbänden angesiedelt war und geschlossen wurde. Die Kleiderstube wird rein ehrenamtlich getragen und die Menschen, die dort einkaufen, brauchen nichts zu bezahlen. Sie können jedoch eine kleine Spende abgeben.
Zwei Jahre später eröffnete der DRK-Ortsverein in Oftersheim eine weitere Kleiderstube.
Der bis dato größte Second Hand Laden öffnete im Jahr 2021 seine Türen. Dieser befindet sich direkt in der DRK-Kreisgeschäftsstelle in der Hafenstraße Mannheim. „Rückwirkend waren wir sehr froh über diese große Location. Denn als die ukrainischen Geflüchteten in Mannheim häufig ohne ausreichend Kleidung eingetroffen sind, haben wir sie hier eingekleidet, oder mit Baby- und Kindererstausstattungen versorgt“, erinnerte sich Springer.
Eine Besonderheit im Second Hand Laden in der Hafenstraße ist, dass man unter dem Local Green Deal der Stadt Mannheim ein „Repair and Care Café“ eröffnete. Hier treffen sich alle 14 Tage Menschen, die, unter fachkundiger Anleitung, gemeinsam Kleidung reparieren, verschönern oder personalisieren. Das Angebot ist kostenlos. „Wir geben der Kleidung ein zweites oder sogar drittes Leben“, sagte Springer und lud die Anwesenden im Anschluss noch zu einem nachhaltigen und vegetarischen Fingerfood Buffet ein. Und da die Veranstaltung nachhaltig geplant und umgesetzt wurde, wurde sie als Green Event BW ausgezeichnet.